Schnittgeschwindigkeit berechnen – wie sollten Sie vorgehen?
Die Schnittgeschwindigkeit gehört zu den kompliziertesten Werten im Bereich der maschinellen Fertigung. Das liegt daran, dass sie von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Bei der Berechnung der Schnittgeschwindigkeit müssen Sie also mehrere Parameter zu ihrem speziellen Anwendungsfall kennen. Hersteller stellen oft Tabellen zur Verfügung, aus denen Sie die Schnittgeschwindigkeit ablesen können, aber auch diese sind ohne grundlegendes Fachwissen nicht immer leicht verständlich. Die Schnittgeschwindigkeit berechnen können Sie anhand der Formel, die wir Ihnen unten vorstellen.
Was ist die Schnittgeschwindigkeit und wofür braucht man sie?
Die Schnittgeschwindigkeit bezeichnet die Geschwindigkeit, mit der sich ein Schneidenpunkt in Schnittrichtung bewegt. Unterschieden werden kann dabei zwischen einer drehenden Schnittbewegung, wie etwa beim Bohren oder Gewindebohren, und einer linearen Schnittbewegung, wie etwa beim Feilen. Wir gehen im Folgenden von einer drehenden Schnittbewegung aus.
An dieser Stelle ist es wichtig, sich den Unterschied zwischen Vorschubgeschwindigkeit und Schnittgeschwindigkeit klarzumachen. Die Vorschubgeschwindigkeit bezeichnet die Geschwindigkeit, mit der sich das Werkzeug selbst durch einen Werkstoff bewegt. Bei der Berechnung der Schnittgeschwindigkeit geht es jedoch konkret um die Bewegung eines Schneidpunkts, die nicht linear verläuft, sondern kreisförmig sozusagen an der Wand der Bohrung entlang. Meist werden die Schneidenecken betrachtet, an denen die Schnittgeschwindigkeit am höchsten ist. Entsprechend gilt auch, dass die Schnittgeschwindigkeit in der Bohrermitte gegen Null geht.
Die Bezeichnung für die Schnittgeschwindigkeit lautet vc. Das v steht dabei für velocity (Geschwindigkeit) und das c für cutting (Schneiden).
Das richtige Berechnen der Schnittgeschwindigkeit hat erheblichen Einfluss auf die Produktivität, da sie einer der wichtigsten Faktoren für die benötigte Arbeitszeit ist. Daher ist das Ziel, eine möglichst hohe Schnittgeschwindigkeit zu berechnen, jedoch ohne dabei bestimmte Werte zu überschreiten, was sich negativ auf die Qualität auswirken könnte. Gerade beim Bohren und Gewindebohren sind der Schnittgeschwindigkeit durch eine hohe Temperaturentwicklung Grenzen gesetzt, da die Spanungswärme bei diesen Verfahren weniger gut abgeführt werden kann. Das wirkt sich auch negativ auf die Standzeit von Werkzeugen aus. Grundsätzlich gilt, dass hohe Schnittgeschwindigkeiten beim Zerspanen zu einer Zeitersparnis führen, niedrigere Schnittgeschwindigkeiten durch bessere Standzeiten jedoch zu einer Kostenersparnis.
Schnittgeschwindigkeit berechnen – diese Faktoren spielen eine Rolle
Mehrere Faktoren haben einen Einfluss darauf, wie Sie die Schnittgeschwindigkeit berechnen sollten. Diese spielen auch dann eine Rolle, wenn Sie eine Tabelle für Schnittgeschwindigkeiten zu Rate ziehen. Denn in dieser ist immer eine gewisse Spanne von Richtwerten angegeben, anhand derer Sie die für Ihren Fall passende Geschwindigkeit festlegen müssen. Ob Sie sich dabei eher am unteren oder oberen Ende der Spanne orientieren, hängt von Variablen wie dem Werkstoff, dem Schneidstoff und dem Kühlmittel ab. Beim Werkstoff handelt es sich um das Material, in das Sie hineinbohren. Der Schneidstoff hingegen bezeichnet das Material, aus dem das Werkzeug gefertigt ist. Der richtige und ausreichende Einsatz von Kühlmittel ist ebenfalls ausschlaggebend, um möglichst hohe Schnittgeschwindigkeiten erreichen zu können, ohne Abstriche bei der Qualität der Arbeitsergebnisse und Standzeit machen zu müssen. In geringerem Umfang haben auch Werte wie die Gewindetiefe oder die Steigung einen Einfluss auf die Auswahl.
Wie wird die Schnittgeschwindigkeit berechnet
Die Formel zum Berechnen der Schnittgeschwindigkeit bei einer drehenden Schnittbewegung lautet:
V_(c = π * d * n / 1000)
Vc = Schnittgeschwindigkeit in m/min
d = Werkzeugdurchmesser in mm
n = Drehzahl in 1/min
Richtwerte für die Schnittgeschwindigkeit werden von den Herstellern zur Verfügung gestellt, Sie müssen diese im Normalfall also nicht selbst berechnen. Aus der Formel lässt sich auch der Wert für die Drehzahl ableiten, den Sie an Ihrer Maschine einstellen sollten. Die Drehzahl gibt die Anzahl der Umdrehungen pro Minute an. Handwerker wählen die Drehzahl oft basierend auf Erfahrungswerten aus. Als Heimwerker ist es aber eine große Hilfestellung, wenn Sie anhand folgender Formel einen exakten Wert ermitteln können.
n= V_(c * 1000)/(d * π)
Rechenbeispiel zur Schnittgeschwindigkeit
Probieren wir die beiden Formeln einmal aus. Zunächst berechnen wir die Schnittgeschwindigkeit. Wir gehen in unserem Beispiel von einer Drehzahl von 500 1/min aus und wählen einen Durchmesser von 6 mm. Die Kreiszahl π runden wir auf 3,1415. Eingesetzt in die Formel sehen unsere Werte dann so aus:
Und so sieht es für die Drehzahl aus:
Auswahl der Schnittgeschwindigkeit für verschiedene Materialien
Welche Schnittgeschwindigkeit optimal ist, hängt immer auch von den verwendeten Materialien ab. Dabei geht es sowohl um den Werkstoff des Bauteils als auch und das Material, aus dem das Werkzeug ist. Hierbei handelt es sich zwar meist um HSS Schnellarbeitsstahl, aber auch hier gibt es Unterschiede. Hat der Bohrer beispielsweise eine bestimmte Beschichtung oder wurde einer Oberflächenbehandlung unterzogen, dann kann auch das Einfluss auf die Schnittgeschwindigkeit haben.
Werkstoffe werden in mehrere Gruppen unterteilt. Die Einteilung erfolgt meist in Stahlwerkstoffe, Gusswerkstoffe, Kupfer und Kupferlegierungen, Nickel-/Kobalt-Legierungen, Aluminiumlegierungen, Magnesiumlegierungen, Titan und Titanlegierungen, Kunststoffe sowie Werkstoffe für besondere Anwendungen wie z.B. Graphit. Innerhalb dieser Gruppen sind Schnittgeschwindigkeiten zwar oft ähnlich, aber bei weitem nicht identisch. Sie sollten also bei jedem neuen Werkstoff noch einmal genau hinsehen, welche Richtwerte empfohlen werden.
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